Teamperformance und KPI’s: Passt das zusammen?
In dieser Folge des agilophil Podcasts geht es um die Frage, ob und wie sich die Performance von agilen Teams messen lässt. Kann ein Scrum Master tatsächlich die Teamperformance steigern? Und wenn ja, wie kann man das sinnvoll messen, ohne in typische Fallen zu tappen?
Oft wird in Stellenausschreibungen für die Rolle Scrum Master gefordert, dass sie die Teamleistung verbessern sollen. Doch wie definiert man Leistung überhaupt? Gerade in datengetriebenen Unternehmen wird häufig auf Key Performance Indicators (KPIs) gesetzt, um Fortschritt zu messen und Teams zu steuern. Doch was sagt eine Zahl wirklich aus? Und wann führt eine Kennzahl dazu, dass Teams die eigentlichen Ziele aus den Augen verlieren?
Diese Episode zeigt anhand vieler Beispiele, wo Kennzahlen sinnvoll sind – und wo sie mehr Schaden als Nutzen bringen.
Was sind Key Performance Indicators (KPIs) – und wo lauern die Gefahren?
KPIs sind in Unternehmen weit verbreitet. Sie sollen messbare Indikatoren für Erfolg liefern und helfen, Fortschritte sichtbar zu machen. Doch die Interpretation von KPIs ist oft problematisch.
Ein berühmtes Beispiel ist das Bruttosozialprodukt – heute als Bruttonationaleinkommen bekannt. Es wurde ursprünglich entwickelt, um wirtschaftliche Stärke zu messen, wurde aber lange als Indikator für Wohlstand genutzt. Doch diese Annahme ist ein Trugschluss: Das BIP berücksichtigt keine Umweltzerstörung, soziale Ungleichheit oder Lebensqualität. John F. Kennedy kritisierte bereits 1968, dass das BIP „alles misst, außer dem, was das Leben lebenswert macht.“
Genau diese Problematik zeigt sich auch in Unternehmen: Kennzahlen ohne Kontext führen zu Fehlinterpretationen. Wenn KPIs zum Selbstzweck werden, können sie sogar kontraproduktiv sein.
Beispiele aus der Praxis:
Software-Teams optimieren Velocity statt Kundennutzen
Mitarbeiter orientieren sich an Zahlen statt an echten Zielen
Die Qualität leidet, wenn nur die Messwerte zählen
Goodhart’s Law: Warum KPI’s oft scheitern
Das Phänomen, dass KPIs ihre Aussagekraft verlieren, sobald sie zum Ziel werden, ist als Goodhart’s Law bekannt.
📌 Goodhart’s Law besagt:
„Jede Messgröße, die als Ziel verwendet wird, verliert ihre Bedeutung als Messgröße.“
Das bedeutet: Sobald Teams ihre Leistung nur noch an KPIs ausrichten, werden sie versuchen, diese Zahlen zu optimieren – selbst wenn das den eigentlichen Unternehmenszielen widerspricht.
Beispiel aus der Planwirtschaft:
In der Sowjetunion wurde die Produktion von Nägeln anhand von KPIs gesteuert. Erst galt die Menge als Ziel – was dazu führte, dass nur winzige Nägel produziert wurden. Dann wurde das Gewicht als KPI festgelegt – woraufhin riesige, unbrauchbare Nägel entstanden.
Was bedeutet das für agile Teams?
Wenn ein Team die Velocity als oberstes Ziel definiert, kann es leicht in folgende Fallen tappen:
✅ Story Points höher schätzen, um scheinbar mehr zu leisten
✅ Stories in kleine Teile zerlegen, die aber keinen echten Kundennutzen bringen
✅ Tests und Qualität vernachlässigen, um schneller zu liefern
✅ Technische Schulden aufbauen, die sich erst später rächen
👉 Fazit: KPIs sollten niemals Selbstzweck sein. Sie sind nur dann hilfreich, wenn sie in den richtigen Kontext gesetzt und verantwortungsvoll interpretiert werden.
Lösung: Objectives & Key Results (OKR) statt reiner KPIs
Eine bewährte Methode, um die Problematik von KPIs zu umgehen, ist das OKR-Modell (Objectives & Key Results). OKRs setzen klare Ziele und verbinden diese mit messbaren Ergebnissen – allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Das Team selbst definiert die Ziele.
Ein Beispiel für ein gutes OKR im Scrum-Team:
👉 Objective (Ziel):
„Wir als Team wollen die Effizienz unserer Arbeit steigern, um schneller neue Features liefern zu können.“
Key Results (messbare Ergebnisse):
- KR1: Die Velocity um 20 % steigern – aber mit Blick auf echten Kundennutzen
- KR2: Die Cycle Time pro User Story auf fünf Tage senken, um schneller auszuliefern
Warum sind OKRs besser als klassische KPIs?
✅ Agile Prinzipien integriert – Teams bestimmen selbst ihre Ziele
✅ Fokus auf echten Mehrwert – statt nur auf Zahlen
✅ Kontinuierliche Verbesserung – ohne KPI-Manipulation
Fazit: So nutzt du Kennzahlen richtig
📌 KPIs sind nur dann wertvoll, wenn sie im richtigen Kontext genutzt werden.
📌 Goodhart’s Law zeigt: Wenn eine Kennzahl zum Ziel wird, verliert sie ihren Wert.
📌 OKRs bieten eine bessere Alternative, weil sie qualitative Ziele mit sinnvollen Messgrößen kombinieren.
Ressourcen und Links
- Blogartikel: Was bedeutet Goodhart’s Law?
- Buchtipp: John Doerr – OKR: Objectives & Key Results: Wie Sie Ziele, auf die es wirklich ankommt, entwickeln, messen und umsetzen
- vom gleichen Autor: Measure What Matters: The Simple Idea that Drives 10x Growth
Kleiner Hinweis – in der nächsten Podcastfolge erfährst du, wie du OKR auch für deine persönlichen Ziele nutzen kannst.
Viel Erfolg
Dein agilophiler Frank
Weitere Episoden des agilophil Podcasts findest du auf der Übersichtsseite Podcast.