Technische Schulden in agilen Teams – Risiken, Strategien und KI-gestützte Lösungen
In dieser Folge des agilophil Podcasts spreche ich über ein unbeliebtes, aber entscheidendes Thema in der agilen Softwareentwicklung: Technische Schulden.
🔹 Was sind technische Schulden und warum sind sie problematisch?
🔹 Wie entstehen sie und wie lassen sie sich frühzeitig erkennen?
🔹 Welche Strategien helfen, technische Schulden zu reduzieren?
🔹 Wie können KI-gestützte Tools dabei unterstützen?
Wenn technische Schulden nicht aktiv gemanagt werden, können sie langfristig die Entwicklungsgeschwindigkeit verlangsamen, Kosten in die Höhe treiben und die Qualität der Software verschlechtern. Gleichzeitig können sie in bestimmten Fällen aber auch eine bewusste, strategische Entscheidung sein. Ich erkläre, warum es wichtig ist, technische Schulden zu verstehen und sie gezielt zu steuern.
Was sind technische Schulden und warum sind sie problematisch?
Der Begriff „technische Schulden“ wurde von Ward Cunningham, einem der Mitautoren des Agilen Manifests, geprägt. Er beschreibt damit das Prinzip, kurzfristige Entscheidungen in der Softwareentwicklung zu treffen, die später zu Mehraufwand führen – ähnlich wie finanzielle Schulden, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen.
Typische Ursachen für technische Schulden:
✔ Zeitdruck – Wenn Features schnell fertiggestellt werden müssen, werden oft Abkürzungen genommen.
✔ Fehlende Refaktorierung – Wenn Code wächst, aber nie überarbeitet wird, entstehen schwer verständliche Strukturen.
✔ Unklare Anforderungen – Unklare User Stories führen dazu, dass „auf Verdacht“ entwickelt wird, was später Nachbesserungen nötig macht.
✔ Fehlendes Wissen – Wenn Entwickler:innen schlecht dokumentierten Code übernehmen, entstehen langfristig Probleme.
Das Resultat? Langfristig leidet die Produktivität des Teams, und die Wartungskosten steigen erheblich.
Typische Szenarien aus der Praxis – Wie entstehen technische Schulden?
🚨 Schnelle Releases ohne Qualitätssicherung
Unternehmen möchten Features schnell veröffentlichen und überspringen Code-Reviews und Tests. Das Feature geht mit Bugs live, und Monate später verbringt das halbe Team seine Zeit mit Fehlerbehebung anstatt mit neuen Entwicklungen.
Lösung:
👉 Automatisierte Tests und Peer-Reviews sollten in jedem Sprint fester Bestandteil sein.
🏛 Legacy Code ohne Dokumentation
Teams arbeiten mit alten Systemen, deren Code über Jahre hinweg gewachsen ist. Ohne Dokumentation wird jede Änderung zur Herausforderung.
Lösung:
👉 Regelmäßige Refaktorierung und Dokumentation in den Entwicklungsprozess integrieren.
📈 Technologische Entscheidungen ohne Zukunftsperspektive
Start-ups setzen auf schnelle, aber nicht skalierbare Technologien. Nach zwei Jahren wird klar: Das System hält dem Wachstum nicht stand.
Lösung:
👉 Von Anfang an skalierbare Technologien wählen – Cloud-Lösungen statt lokale Server.
Wie erkennt man technische Schulden?
✔ Regelmäßige Code-Reviews – Code-Qualität gemeinsam im Team prüfen.
✔ Messung der Code-Komplexität – Tools wie SonarQube helfen, problematische Code-Strukturen zu identifizieren.
✔ Häufige Bugs und Systemausfälle – Module, die ständig Probleme verursachen, sind oft ein Hinweis auf hohe technische Schulden.
Strategien zur Reduzierung technischer Schulden
1️⃣ Technische Schulden bewusst priorisieren
Manchmal sind sie unvermeidlich – aber sie sollten dokumentiert und gezielt eingeplant werden.
2️⃣ Refaktorierung als festen Bestandteil des Entwicklungsprozesses etablieren
Das „Boy Scout Principle“: Hinterlasse den Code immer ein bisschen besser, als du ihn vorgefunden hast.
3️⃣ „Definition of Done“ konsequent anwenden
Eine gute Definition of Done sollte enthalten:
✅ Code-Reviews
✅ Automatisierte Tests
✅ Dokumentation
4️⃣ Sprint-Kapazitäten für technische Verbesserungen reservieren
Erfolgreiche Teams planen 10–20 % ihrer Sprint-Kapazität für die Reduzierung technischer Schulden ein.
5️⃣ Entwickler:innen-Feedback ernst nehmen
Oft wissen Entwickler:innen genau, wo die größten Probleme liegen. Regelmäßige Retrospektiven helfen, diese Schwachstellen zu identifizieren.
Wie kann KI helfen, technische Schulden zu reduzieren?
🚀 Automatische Code-Analyse
Tools wie SonarQube, DeepCode oder Codacy nutzen KI, um Code-Qualität zu bewerten und Probleme frühzeitig zu erkennen.
📊 Vorhersage von Code-Wartungsproblemen
Machine Learning kann kritische Muster analysieren und risikobehaftete Code-Bereiche identifizieren.
🔄 Automatisierte Refaktorierung
KI-gestützte Systeme können Code umstrukturieren, Duplikate erkennen und optimieren.
🛠 Bug-Prävention durch KI-gestützte Tests
Tools wie Applitools nutzen visuelle Testautomatisierung, während Vision AI UI-Tests unabhängig von der Basistechnologie ermöglicht.
Fazit
Technische Schulden sind unvermeidlich – aber sie müssen aktiv gemanagt werden. Unternehmen, die regelmäßig in ihre Reduzierung investieren, bleiben langfristig innovativer und produktiver. Eine Studie von Accenture zeigt, dass die besten Unternehmen etwa 15 % ihres IT-Budgets für die Beseitigung technischer Schulden ausgeben.
Quellen und Empfehlungen aus dieser Folge
- Blogartikel: Tech Debt: Wie Sie dem Top-Management technische Schulden erklären
- Blogartikel: Mit KI technische Schulden abbauen
- Blogartikel: Intelligente Helfer: KI-Testing-Tools im Überblick – Vorteile und Nachteile
- Blogartikel: Forresters Technologie- und Sicherheitsprognosen 2025: Anstieg technischer Schulden
- Blogartikel: Die 10 besten Tools für KI-basierte Testautomatisierung
- Blogartikel: Technische Schulden verstehen: Ursachen, Risiken und Management-Tipps
- Artikel: Dev-insider – Applitools stellt Funktionen für intelligente Testautomatisierung vor
- Webseite: Tricentris
Mein Tipp: Sprecht im Team darüber, wie ihr mit technischen Schulden umgeht. Gibt es eine Strategie oder werden sie ignoriert? Eine bewusste Steuerung hilft langfristig Kosten zu sparen und Qualität zu sichern.
Bis zur nächsten Folge – bleib agil!
Dein agilophiler Frank
Weitere Episoden des agilophil Podcasts findest du auf der Übersichtsseite Podcast.