Co-Creation - Agil im Einkauf

agilophil Podcast Folge 178: Co-Creation – Agil im Einkauf

Co-Creation und Agilität – Gemeinsam Werte schaffen: Interview mit Klaus Schein

In dieser Folge spreche ich mit Klaus Schein, Programmdirektor Co-Creation an der Steinbeis University, über die Frage, wie wir Produkte und Lösungen nicht nur für, sondern mit unseren Kunden entwickeln. Wir zeigen, warum Co-Creation und Agilität zusammengehören, wie Unternehmen mit Co-Value-Creation über klassische Beschaffungs- und Verkaufsprozesse hinauswachsen können und weshalb echte Innovation erst dann zählt, wenn sie Wert schafft – für Kund:innen, Unternehmen, Menschen und den Planeten. Gerade in Zeiten multipler Krisen brauchen wir ein anderes Miteinander: weg von Pflichtenheften und späten Preisverhandlungen, hin zu transparenter Zusammenarbeit, kurzen Feedback-Schleifen und gemeinsamer Wertschöpfung.

Co-Creation: Mehr als Teamwork – ein Mindset der gemeinsamen Kreation

Co-Creation ist für Klaus kein starrer Prozess, sondern ein Mindset: Kreativität entsteht im Verbund – mit Kund:innen, Partnern, internen Teams oder ganzen Ökosystemen. Während klassische Methoden oft in klaren Prozessschritten denken, setzt Co-Creation dort an, wo Neues entsteht: bei Perspektivenvielfalt, Offenheit und direkter Zusammenarbeit. Der Unterschied zu bekannten Vorgehensweisen: Wir beobachten nicht nur (wie im Design Thinking) und wir liefern nicht nur an den Markt (wie oft in Scrum mit MVPs oder Kanban), sondern wir entwickeln gemeinsam – von Anfang an.

Co-Value-Creation: Vom Co zur gemeinsamen Wertschöpfung

Klaus geht noch einen Schritt weiter und spricht von Co-Value-Creation. Der entscheidende Punkt: Es geht nicht ausschließlich um Produkte oder Projekte, sondern um Wert – für Markt, Organisation und Gesellschaft. Dazu führt er die Rolle des Co-Value-Owners ein, die kundenseitig besetzt wird. Vergleichbar mit dem Product Owner in Scrum, aber breiter gedacht: Der Co-Value-Owner verantwortet die inhaltliche Richtung, ob es um neue Märkte, nachhaltige Innovationen, Lieferketten oder Services geht. So entsteht ein gemeinsamer Prozess, der klassische Sales- und Einkaufsprozesse ergänzt und transparenter macht.

Agilität & Co-Creation: Zwei Seiten derselben Medaille

Agile Prinzipien wie TransparenzInspekt & Adapt (kurze Feedbackschleifen) und Iterationen passen nahtlos zu Co-Creation. Wir bewegen uns in der komplexen Domäne – dort, wo es noch keine eindeutige Lösung gibt. Statt Lasten-/Pflichtenheften und späten Abnahmen brauchen wir frühe, enge Zusammenarbeit mit Nutzer:innen und Stakeholdern. Für Klaus ist Agilität das Fundament (Mindset, Prinzipien, Kultur), Co-Creation das Werkzeug, um kreative, passgenaue Lösungen mit Kund:innen zu entwickeln.

Wo klassische Beschaffung an Grenzen stößt

In öffentlichen Ausschreibungen oder streng formalisierten Einkaufsprozessen prallen Welten aufeinander: Der Fokus liegt auf Preis und Lieferbarkeit, nicht auf Lernkurven und gemeinsamer Entwicklung. Das führt oft zu langwierigen Projekten mit späten und teuren Änderungen. Co-Creation löst dieses Spannungsfeld nicht immer – etwa wenn Gesetze mehrere Angebote und den niedrigsten Preis verlangen. Doch wo Spielräume bestehen, können Teams frühzeitig gemeinsame Hypothesen testenNutzungsprobleme verstehen und Time-to-Value deutlich verkürzen.

Vom Wunschzettel zur wirksamen Lösung

Ein wiederkehrendes Missverständnis: Kund:innen sollen exakt beschreiben, was sie wollen. In komplexen Kontexten ist das selten möglich – und oft auch nicht sinnvoll. Unsere Aufgabe als Lösungsanbieter ist es, das Problem zu verstehen und die Lösung gemeinsam zu entwickeln. Das berühmte Bild „schnellere Pferde“ statt Autos bringt es auf den Punkt. Co-Creation heißt: Wir übersetzen echte Bedürfnisse in neue Lösungen, und zwar live mit den Menschen, die sie später nutzen.

Einkauf & Vertrieb neu gedacht: Vom Win-Win zum Win-More

Klaus plädiert für einen Perspektivwechsel: Weg vom „Win-Win“ im Sinne eines Kompromisses in der Preisverhandlung, hin zu Win-More durch gemeinsame Wertschöpfung. Wenn beide Seiten früh zusammenarbeiten, investieren sie weniger in parallele Pfade, Alibi-Angebote oder späte Änderungen – und mehr in Wirkung. Dafür braucht es VertrauenTransparenz und die Bereitschaft, Rollen neu zu interpretieren: Der Einkauf bringt Rahmen & Qualitätssicherung, der Vertrieb Lösungsenergie & Kreativkraft – und beide richten sich auf gemeinsame Ergebnisse aus.

Der Hack zum Schluß: Die VIA-Methode (Value – Ideation – Action)

Zum Schluss teilt Klaus seinen kompakten Hack: VIA.

  • Value: Starte nicht bei dir, sondern beim Mehrwert für andere. Welche messbaren Ergebnisse willst du heute (oder diese Woche) ermöglichen?
  • Ideation: Hole dir Menschen dazu. Welche Perspektiven, Insights und Ressourcen braucht es, um diesen Wert zu realisieren?
  • Action: Gehe sofort in die Umsetzung – auch in kleinen Schritten. Mut unter Ungewissheit schlägt Perfektion im Kopf.
    Als täglicher Mini-Zyklus (z. B. 15 Minuten) wirkt VIA wie ein persönlicher PDCA und zahlt auf eine lebendige Innovationskultur ein – im Team wie im Unternehmen.

Fazit

Co-Creation und Agilität sind Geschwister: Ohne agile Prinzipien bleibt Co-Creation beliebig. Ohne Co-Creation bleibt Agilität oft unter ihren Möglichkeiten. Wer mit Co-Value-Creation arbeitet, verschiebt den Fokus: weg von Deliverables, hin zu geteilten Ergebnissen mit echtem Nutzen. Das ist in starren Umgebungen nicht immer sofort umsetzbar – aber überall dort, wo wir Gestaltungsspielräume haben, lohnt sich der Schritt: näher am Problem, schneller im Lernen, präziser in der Lösung.

Links, Quellen & Verweise

Viel Spaß bei dieser collaborativen Folge des agilophil Podcasts

Dein agilophiler

Frank

Weitere Episoden des agilophil Podcasts findest du auf der Übersichtsseite Podcast.

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