Theory of Constraints - Wolfram Müller

agilophil Podcast Folge 180: Die Magie der Theory of Constraints

Theory of Constraints – Wie du mit Engpässen dein agiles System in den Flow bringst

Ohne Übertreibung möchte ich sagen – das ist eins der wichtigsten Interviews des agilophil Podcasts! In dieser Folge spreche ich mit Wolfram Müller, dem Gründer der Dolphin Universe Community und einem echten Pionier, wenn es um die Anwendung der Theory of Constraints (TOC) im agilen Umfeld geht. Wir reden darüber, warum gerade in agilen Teams oft der Flow fehlt, obwohl eigentlich alles nach Lehrbuch läuft – und wie es gelingt, durch das Verständnis von Engpässen wieder Geschwindigkeit, Fokus und vor allem Leichtigkeit in die Arbeit zu bringen.

Was ist die Theory of Constraints (TOC)?

Die Theory of Constraints, im Deutschen meist als Engpasstheorie bezeichnet, wurde von dem Physiker Eliyahu M. Goldratt entwickelt. Ihr zentrales Prinzip ist verblüffend einfach:
Jedes System – ob eine Organisation, ein Team oder eine Produktionslinie – hat zu jedem Zeitpunkt genau einen Engpass. Dieser Engpass bestimmt, wie leistungsfähig das gesamte System ist.

Wolfram Müller beschreibt das sehr plastisch: Ein System ohne Engpass wäre wie ein Lebewesen ohne Grenzen – es würde unkontrolliert wachsen und schließlich kollabieren. Engpässe sind also nichts Negatives. Im Gegenteil: Sie stabilisieren ein System. Erst durch die Begrenzung entsteht Balance und damit Flow.

Warum TOC für agile Teams so wichtig ist

Viele agile Teams kennen das: Man arbeitet „nach Scrum“, hat Sprints, Daily Standups, Retrospektiven – und trotzdem fühlt es sich zäh an. Ergebnisse kommen nur schleppend zustande, Prioritäten wechseln ständig, und die Freude an der Agilität schwindet.

Wolfram bringt es auf den Punkt: „Auch Agile hat bei uns lange nicht funktioniert – bis wir den Engpass gefunden haben.“
Damit beschreibt er eine Erfahrung, die viele Teams teilen. Erst als er die Theory of Constraints in die agile Praxis integrierte, funktionierten sowohl klassische als auch agile Projekte plötzlich reibungslos.

TOC hilft, die richtigen Dinge zu tun – und nicht einfach nur beschäftigt zu sein. Denn alles, was nicht durch den Engpass geht, ist letztlich verschwendete Energie.

Der erste Schritt: Das Ziel kennen

Bevor man den Engpass findet, braucht man Klarheit über das Ziel.
Ein System kann nur dann sinnvoll optimiert werden, wenn klar ist, wohin es soll. Das gilt für Projekte genauso wie für ganze Organisationen.
Ein Ziel kann etwa sein, eine bestimmte Funktion bis zu einem Datum fertigzustellen, die Nutzerzahl zu erhöhen oder die Durchlaufzeit zu verkürzen.

Ohne Ziel gibt es auch keinen Engpass – denn der Engpass definiert sich immer im Verhältnis zum angestrebten Ergebnis.

Den Engpass identifizieren

Engpässe verstecken sich gern. In der Softwareentwicklung liegen sie oft dort, wo viele Abhängigkeiten zusammenlaufen: bei der Integration, im Deployment, bei Architekturentscheidungen oder im UX-Bereich.

Wolfram erzählt im Gespräch, dass viele Teams zunächst an der Oberfläche ansetzen – etwa an Teamprozessen oder am Backlog-Management. Doch der wahre Engpass liegt fast immer systemisch tiefer:
Vielleicht blockiert eine langsame CI/CD-Pipeline die Lieferung. Vielleicht fehlen Architekten. Oder die Freigabeprozesse im Unternehmen bremsen die Teams aus.

Der entscheidende Punkt: Sobald der Engpass erkannt ist, muss sich alles andere dem unterordnen.

Unterordnung – das Prinzip der Konsequenz

Wolfram beschreibt das sehr klar:
„Wenn der Engpass gefunden ist, dann höre ich auf, alles andere zu tun, bis er gelöst ist.“
Das klingt radikal – ist aber reine Physik. Ein System kann nur so schnell sein wie sein langsamster Teil.

Für agile Teams bedeutet das: Wenn etwa die Deployment-Pipeline das Nadelöhr ist, dann wird alles andere gestoppt, bis diese Pipeline flüssig läuft. Keine neuen Features, keine neuen Stories – volle Konzentration auf den Engpass.

Das Ergebnis ist verblüffend: Innerhalb weniger Wochen ändert sich die gesamte Dynamik.
Sobald der Engpass behoben ist, verschiebt er sich weiter nach vorn – etwa Richtung UX, Product Owner oder Business-Schnittstelle. Das System beginnt, sich selbst zu verbessern.

Wenn der Flow entsteht

Ist der Engpass gelöst, kommt das System in Bewegung.
Wolfram berichtet, dass Teams, die nach TOC arbeiten, oft nach kurzer Zeit ihr Backlog leeren. Was zunächst unglaublich klingt, ist reine Logik: Wenn nichts mehr klemmt, fließt Arbeit kontinuierlich durch das System – ohne Stau, ohne Reibung.

In diesem Zustand verändert sich die Zusammenarbeit. Teams übernehmen Verantwortung über ihre Grenzen hinaus. Sie helfen den Fachbereichen, den nächsten Engpass zu finden und zu beseitigen.
Die Magie des TOC entfaltet sich genau hier: Das Team wächst über sich hinaus und wird zum Gestalter des Systems, nicht mehr nur zum Ausführenden.

Der Wert – oder warum Kunden für Engpass-Lösungen bezahlen

Ein besonders spannender Gedanke von Wolfram Müller betrifft den Wert von Arbeit:
Etwas hat für den Kunden nur dann einen Wert, wenn es seinen Engpass löst.
Das gilt für Features, Services oder ganze Produkte. Wer also verstehen will, was Kunden wirklich brauchen, muss ihren Constraint kennen – das Hindernis, das sie davon abhält, ihr Ziel zu erreichen.

Für Product Owner ist das ein zentraler Gedanke: Nur User Stories, die den Engpass des Kunden adressieren, schaffen echten Mehrwert.

Die Magie des TOC im agilen Kontext

Die Theory of Constraints ist weit mehr als ein Optimierungs-Framework.
Sie ist ein Denkmodell, das Klarheit schafft, Mut verlangt und Teams befähigt, wirklich wirksam zu sein.

In agilen Organisationen bringt TOC Struktur in Komplexität.
Statt alle Probleme gleichzeitig lösen zu wollen, richtet man den Fokus auf das eine, das wirklich zählt. Das erfordert Konsequenz, aber es erzeugt Energie und Flow.

Für mich ist das die eigentliche Magie:
Wenn Teams aufhören, an Symptomen zu arbeiten, und anfangen, den Engpass als Schlüssel zum Fortschritt zu verstehen, dann passiert etwas Besonderes.
Dann wird Agilität lebendig – und Organisationen verwandeln sich in Systeme, die lernen, sich selbst zu verbessern.

Links & weiterführende Ressourcen

Viel Spaß bei dieser magischen Folge des agilophil Podcasts

Dein agilophiler

Frank

Weitere Episoden des agilophil Podcasts findest du auf der Übersichtsseite Podcast.

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