Kanban für Scrum-Teams: Sinnvolle Ergänzung oder Widerspruch?
In dieser Podcastfolge geht es um eine spannende Frage: Wie können Scrum-Teams Kanban-Elemente in ihre Arbeitsweise integrieren? Ist das überhaupt sinnvoll oder sollten Scrum-Teams strikt bei ihrem Framework bleiben? Ich gehe auf die Ursprünge von Kanban ein, vergleiche es mit Scrum und zeige, welche praktischen Schritte Teams gehen können, um von Kanban-Prinzipien zu profitieren.
Die Ursprünge von Kanban: Vom Toyota-Werk zur Softwareentwicklung
Kanban wurde in den 1940er Jahren von Taiichi Ohno für Toyota entwickelt. Der Gedanke dahinter: Der Materialfluss sollte optimal gesteuert werden, um Überproduktion zu vermeiden. Inspiriert von Supermärkten, die nur so viel Waren nachlegen, wie verkauft wurden, entstand das „Just-in-Time“-Prinzip.
Das ursprüngliche Kanban-System funktionierte mit Signalkarten:
- Wenn Material verbraucht wurde, wurde eine Kanban-Karte ans Lager übergeben, das Nachschub bestellte.
- So wurde nur das produziert, was wirklich gebraucht wurde – vergleichbar mit der Einlassbeschränkung durch Einkaufswagen in Supermärkten während der Corona-Zeit.
David J. Anderson übertrug diese Prinzipien später auf die IT und machte Kanban zu einem wichtigen Management-Tool für Wissensarbeit.
Scrum vs. Kanban: Brüder mit unterschiedlichen Charakteren
Scrum ist das dominierende agile Framework in der IT. Etwa 80 % der agilen Teams arbeiten nach Scrum-Prinzipien. Doch Kanban hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen – auch in IT-Teams.
Ich sehe Scrum und Kanban als Geschwister mit unterschiedlichen Charakterzügen:
- Scrum arbeitet mit fest definierten Sprints, Rollen und Meetings.
- Kanban optimiert den Arbeitsfluss durch Visualisierung und die Begrenzung paralleler Aufgaben.
Doch wie kann ein Scrum-Team Kanban-Elemente nutzen, ohne sein Framework aufzugeben?
Wie Scrum-Teams Kanban nutzen können
Ein Scrum-Team kann auf mehreren Ebenen von Kanban profitieren:
1. Backlog-Management: Replenishment statt Sprint-Planning
- In Scrum wird der Sprint-Backlog zu Beginn jedes Sprints geplant.
- In Kanban gibt es das „Replenishment Meeting“, das regelmäßig Nachschub für das Backlog organisiert.
- Scrum-Teams mit einwöchigen Sprints können diesen Prozess fast identisch übernehmen.
2. Work-in-Progress (WIP) Limits zur Fokussierung
- In Scrum gibt es keine feste Begrenzung für parallele Aufgaben.
- In Kanban wird die Anzahl gleichzeitiger Arbeiten limitiert – das verhindert Blockaden.
- Scrum-Teams können WIP-Limits testen, um Engpässe frühzeitig zu erkennen.
3. Retrospektiven & Feedback-Loops
- Scrum sieht Retrospektiven am Ende jedes Sprints vor.
- In Kanban gibt es regelmäßige Operations Reviews, um den Arbeitsfluss zu optimieren.
- Eine Mischung aus beidem kann Scrum-Teams helfen, nicht nur das Produkt, sondern auch den Prozess zu verbessern.
4. Kanban-Boards zur Prozess-Visualisierung
- Scrum nutzt das klassische Board mit „To Do“, „In Progress“ und „Done“.
- Kanban geht einen Schritt weiter und unterteilt „In Progress“ in detaillierte Phasen wie „Analyse“, „Programmierung“ oder „Test“.
- So lässt sich besser erkennen, wo Engpässe entstehen.
Das Pull-Prinzip: Arbeiten, wenn Platz ist
Ein entscheidender Unterschied zwischen Scrum und Kanban liegt im Pull-Prinzip:
- In Scrum wird Arbeit oft „gepusht“ – also vom Team geplant und dann Stück für Stück abgearbeitet.
- In Kanban ziehen die Teammitglieder Aufgaben selbstständig, wenn sie Kapazitäten haben.
- Ein wichtiger Punkt dabei ist das WIP-Limit: Ist die maximale Anzahl paralleler Arbeiten erreicht, darf keine neue Aufgabe begonnen werden.
Dieses Prinzip hilft, Verschwendung zu reduzieren und den Fokus auf den echten Arbeitsfluss zu lenken. Scrum-Teams können das durch eine detaillierte Definition of Done (DoD) in jeder Prozessstufe umsetzen.
Scrum und Kanban kombinieren: Eine Frage des Teams
Ob Kanban-Elemente für ein Scrum-Team sinnvoll sind, hängt von den Herausforderungen des Teams ab. Scrum gibt einen klaren Rahmen vor, während Kanban flexibel ist. Eine Kombination kann genau das richtige Maß an Struktur und Anpassungsfähigkeit bieten.
Fazit: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!
Scrum und Kanban sind keine Gegensätze – vielmehr ergänzen sie sich hervorragend. Während Scrum mit festen Zyklen und klaren Rollen für Struktur sorgt, bietet Kanban mehr Flexibilität und hilft, den Workflow zu optimieren. Wer agil arbeiten will, sollte nicht dogmatisch an einem Framework festhalten, sondern ausprobieren, was wirklich funktioniert.
Ressourcen und Empfehlungen
Hör dir die Folge an und finde heraus, welche Kanban-Elemente dein Scrum-Team bereichern könnten!
Dein agilophiler Frank
Weitere Episoden des agilophil Podcasts findest du auf der Übersichtsseite Podcast.