Scrum Guide 2020 – Was hat sich geändert?
Der Scrum Guide wurde aktualisiert – und das pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum von Scrum. Am 18. November 2020 haben die Scrum-Erfinder Jeff Sutherland und Ken Schwaber die neue Version vorgestellt. In dieser Folge meines Podcasts gehe ich die wichtigsten Änderungen durch, analysiere ihre Auswirkungen und erkläre, warum das neue Verständnis von Scrum uns hilft, agiler zu arbeiten.
Scrum ist eines der am weitesten verbreiteten Frameworks für agile Produktentwicklung, besonders in der IT. Über 80 % der weltweiten Software-Projekte nutzen Scrum – sei es in Reinform oder als Hybrid. Deshalb ist es essenziell, zu verstehen, welche Änderungen im Scrum Guide 2020 vorgenommen wurden und was sie für die tägliche Arbeit bedeuten.
Wichtige Ă„nderungen im Scrum Guide 2020
Der neue Scrum Guide ist kürzer – von 19 auf 13 Seiten reduziert. Das zeigt, dass sich die Autoren noch stärker auf das Wesentliche konzentriert haben. Hier sind die sechs zentralen Änderungen:
1. Neue Definition des Scrum-Teams
- Die Rollen heißen nun „Accountabilities“ – also Verantwortlichkeiten.
- Das Development-Team entfällt, stattdessen gibt es einfach „Entwickler“.
- Das Scrum-Team besteht weiterhin aus Product Owner, Scrum Master und Entwicklern – wobei „Entwickler“ alle umfasst, die das Produkt realisieren, nicht nur IT-Programmierer.
- Der Scrum Master wird explizit als „True Leader“ beschrieben, also als Servant Leader mit Führungsverantwortung auch über das Team hinaus.
- Teams sollen nicht mehr als 10 Personen umfassen. Größere Teams sollten sich aufteilen, jedoch nicht funktional, sondern so, dass sie am selben Produkt arbeiten.
2. Selbstorganisation wird zu Selbstmanagement
- Früher war von einem „selbstorganisierten“ Team die Rede, jetzt spricht der Scrum Guide von „selbstgemanagten“ Teams.
- Das bedeutet: Das Team entscheidet eigenständig über Arbeitsweise, Prozesse und Verantwortlichkeiten – nicht nur, wie es sich organisiert.
- Der Scrum Master ist kein externer Manager, sondern ein integrierter Teil des Teams, der als Coach unterstützt.
3. EinfĂĽhrung eines Produktziels
- Bisher war im Scrum Guide nur das Sprintziel klar definiert.
- Jetzt gibt es ein übergeordnetes Produktziel, das die langfristige Ausrichtung des Produkts beschreibt.
- Das Produktziel hilft dem Product Owner, das Backlog zielgerichteter zu pflegen.
- Sprintziele leiten sich aus dem Produktziel ab und helfen so, den Fokus zu bewahren.
4. Ă„nderungen im Sprint Planning
- Die Sprint-Planung besteht jetzt aus drei Fragen:
- Warum tun wir das? → Das übergeordnete Produktziel wird geklärt.
- Was tun wir? → Die Backlog-Items für den Sprint werden festgelegt.
- Wie setzen wir es um? → Die konkrete Umsetzung wird besprochen.
- Ziel ist eine wertorientierte Planung statt einer mechanischen „Abarbeitung“ von User Stories.
- Der Fokus liegt auf der Weiterentwicklung des Produkts, nicht auf Velocity oder der Erfüllung aller geplanten Backlog-Items.
5. Stärkere Verbindung zwischen den Artefakten
- Die drei zentralen Scrum-Artefakte sind:
- Product Backlog → richtet sich am Produktziel aus.
- Sprint Backlog → ist auf das Sprintziel fokussiert.
- Inkrement → erfüllt die Definition of Done (DoD).
- Die Definition of Done wird aufgewertet:
- Nur das, was die DoD erfüllt, zählt als Inkrement.
- Inkremente können mehrfach im Sprint geliefert werden, nicht nur am Sprint-Ende.
- Das ermöglicht eine kontinuierliche Auslieferung (Continuous Delivery).
6. Klärung zum Produktinkrement
- Es gibt keine Beschränkung mehr auf „ein Inkrement pro Sprint“.
- Teams können mehrere Inkremente innerhalb eines Sprints liefern.
- Das verstärkt die Bedeutung der Definition of Done als Qualitätsstandard.
Was bedeutet das fĂĽr die Praxis?
Mit diesen Änderungen wird Scrum noch klarer und fokussierter auf wertorientierte Produktentwicklung. Besonders das neue Produktziel und das stärkere Selbstmanagement der Teams helfen dabei, Scrum effektiver zu leben.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Schätzen („Estimation“) ist nicht notwendig. Der Scrum Guide erwähnt Velocity oder Story Points nicht – sie sind nur Mittel zum Zweck, aber kein verpflichtender Bestandteil von Scrum.
Ebenso ist Refinement kein offizielles Scrum-Event. Es bleibt ein kontinuierlicher Prozess, der individuell angepasst werden kann.
Fazit: Scrum ist mehr als eine Methode – es ist eine Haltung
Die Ă„nderungen im Scrum Guide 2020 sind keine Revolution, aber eine Klarstellung der Prinzipien. Scrum ist keine starre Methode, sondern ein Rahmenwerk, das Teams dabei hilft, agil und wertorientiert zu arbeiten.
Ressourcen und Empfehlungen
- Scrum Guide:Â offizielle Downloadseite
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Bleib agil und mach’s gut!
Dein agilophiler Frank
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