Gesunde Führung in der VUKA-Welt – Interview mit Ruth Maria Mattes
In dieser Episode des Agilophil Podcasts spreche ich mit Ruth Maria Mattes (geb. Sarica), Führungskräftecoachin und Expertin für gesunde Führung, über die Herausforderungen und Möglichkeiten von Führung in der VUKA-Welt. Gemeinsam beleuchten wir, was gesunde Führung bedeutet, warum Selbstführung der Schlüssel zu guter Mitarbeiterführung ist und wie Führungskräfte und Teams von einem systemischen Ansatz profitieren können.
Was bedeutet gesunde Führung?
Ruth Maria Mattes beschreibt den Begriff „gesunde Führung“ nicht nur als körperliche oder mentale Gesundheit, sondern als Wohlbefinden. Führungskräfte sollten darauf achten, zuerst ihr eigenes Wohlbefinden zu finden, denn nur wer sich selbst gut führt, kann andere effektiv und nachhaltig führen. Dabei spielen Wertschätzung, Vertrauen und Transparenz eine entscheidende Rolle – sowohl auf der Führungsebene als auch auf Mitarbeiterebene.
Führung in der VUKA-Welt – Was hat sich verändert?
Die VUKA-Welt (volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig) gab es schon immer, aber Digitalisierung, Vernetzung und schnellere Veränderungen haben die Unsicherheiten verstärkt. Dadurch ist gesunde Führung noch wichtiger geworden. Systemisches Denken hilft dabei, die Wechselwirkungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden besser zu verstehen und die eigene Führungskompetenz nachhaltig zu verbessern.
Salutogenese statt Pathogenese: Proaktiv für gesunde Führung sorgen
Ein zentrales Thema unseres Gesprächs ist das Konzept der Salutogenese, das auf den Medizinsoziologen Aaron Antonovsky zurückgeht. Während sich die klassische Medizin auf die Heilung von Krankheiten konzentriert (Pathogenese), fragt Salutogenese:
🟢 Wie kann Gesundheit aktiv gefördert werden?
🟢 Welche Faktoren tragen dazu bei, dass Menschen langfristig leistungsfähig und zufrieden bleiben?
Ruth erklärt, dass gesunde Führung genau diesem Ansatz folgt: Statt auf Probleme zu reagieren, sollte proaktiv ein gesundes Arbeitsumfeld geschaffen werden. Eine Übung aus ihrer Praxis zeigt Führungskräften, wie sie anhand der drei Säulen der Salutogenese (Verstehbarkeit, Handhabbarkeit, Sinnhaftigkeit) Führungssituationen reflektieren und verbessern können.
Systemisches Denken als Schlüssel für gesunde Führung
Systemisches Denken bedeutet zu erkennen, dass wir alle in Wechselwirkungen zueinander stehen – sei es im Unternehmen, im Team oder privat. Führungskräfte sollten verstehen, dass ihre Handlungen immer eine Wirkung auf andere haben. Ruth nutzt dazu das Bild eines Mobiles: Wird an einer Stelle etwas verändert, bewegt sich das gesamte System.
Dieser Ansatz passt auch hervorragend zur agilen Arbeitsweise, in der Teams eigenverantwortlich arbeiten und Führung sich flexibel entwickelt. Die traditionelle Hierarchie weicht einer Führung durch Verantwortungsbereiche, was sowohl Selbstverantwortung als auch Eigenmotivation im Team stärkt.
Gesunde Führung in agilen Teams
Agilität bedeutet nicht, dass es keine Führung gibt – sie ist nur anders organisiert.
📌 Product Owner: Verantwortlich für das „Was“ – die strategische Richtung.
📌 Scrum Master: Unterstützt das Team bei der Selbstorganisation und dem Prozess.
📌 Entwicklungsteam: Verantwortlich für das „Wie“ – die Umsetzung der Arbeit.
Dieser Ansatz sorgt für mehr Verantwortungsbewusstsein und Eigeninitiative, während traditionelle „Machtstrukturen“ aufgelöst werden.
Vom Experten zur Führungskraft: Eine Herausforderung
Viele Führungskräfte werden befördert, weil sie fachlich exzellent sind. Doch Führung erfordert andere Fähigkeitenals reine Fachkompetenz. Das sogenannte Peter-Prinzip besagt, dass Menschen in Organisationen oft so lange befördert werden, bis sie eine Position erreichen, für die sie nicht mehr qualifiziert sind.
Besonders in Deutschland ist es schwierig, wieder in eine Expertenrolle zurückzukehren, ohne dass es als „Karriererückschritt“ empfunden wird. Ruth plädiert dafür, eine flexible Führungskultur zu etablieren, in der Rollenwechsel als Entwicklung und nicht als Scheitern gesehen werden.
Fazit: Selbstführung als Basis für gesunde Führung
Ruth bringt es auf den Punkt: „Es gibt keine gesunde Mitarbeiterführung – es gibt nur gesunde Selbstführung und deren Wechselwirkungen.“ Führung beginnt immer bei einem selbst. Wer sich selbst gut führt, kann auch ein Umfeld schaffen, in dem sich Mitarbeitende wohlfühlen und produktiv arbeiten.
Kontakt zu Ruth Mattes
Wer sich intensiver mit diesen Themen beschäftigen möchte, kann sich auf Ruths Webseiten über ihre Coachings, Workshops und Retreats informieren:
🔗 www.ruthmattes.de
🔗 www.ruthmattes-workshops.com
Ressourcen und Links
- Buchtipp: Aaron Antonovsky – Salutogenese: Zur Entmystifizierung der Gesundheit
- Buchtipp: Ruth Maria Mattes – Gesunde Führung in der VUCA-Welt
Dein agilophiler Frank
Weitere Episoden des agilophil Podcasts findest du auf der Übersichtsseite Podcast.